Praktische Ratschläge für das tägliche Leben II

Nichts Wertvolleres kann ein Mensch besitzen als ein erhabenes Ideal, dem er beständig zustrebt, nach dem er sein Denken und Fühlen formt und, so gut er kann, sein Leben gestaltet. Wenn er sich so bemüht, mehr zu werden als zu scheinen, muß er seinem Ziele ständig näher kommen. Er wird dies aber nicht ohne Mühe und Kampf erreichen; auch wird der wirkliche Fortschritt, den er macht und dessen er sich bewußt wird, ihn nicht mit Eigendünkel und Selbstgefälligkeit erfüllen, denn wenn sein Ideal erhaben ist und sein Fortschritt echt, wird er sich eher demütiger fühlen als aufgeblasen. Die Möglichkeiten zu noch weiterem Fortschritt und das Erkennen noch höherer Daseinsebenen, die sich vor ihm eröffnen, werden seinen Eifer nicht dämpfen, aber alle Eitelkeit werden sie in 1 hm sicherlich ertöten. Gerade diese Erkenntnis der ungeheuren Möglichkeiten im Leben des Menschen ist aber auch notwendig, um ihn aus seinem Gelangweilt sein aufzuwecken und seine Apathie in waches Interesse zu verwandeln. Sobald das Ziel des Lebens klar wird und seine wunderbare Möglichkeiten gewürdigt werden, wird das Leben so um seiner selbst willen lebenswert.
Der direkteste und sicherste Weg zum Erreichen dieser höheren Ebene ist die Pflege des Grundsatzes der Selbstlosigkeit, sowohl im Denken als auch im Leben. Eng fürwahr ist der Spielraum einer Schau, die sich nur auf das eigene Ich begrenzt und alle Dinge nach dem Grundsatz des Eigennutzes mißt, denn solange die Seele so ich begrenzt ist, ist es für sie unmöglich, irgendein erhabenes Ideal zu erfassen oder sich einer höheren Daseinsebene zu nähern. Die Voraussetzungen für einen solchen Fortschritt liegen mehr innen als außen und sind glücklicherweise von seinen äußeren Lebensumständen unabhängig. Es ist daher jedem die Möglichkeit geboten, von einer Höhe des Daseins zur nächsten fortzuschreiten und so mit der Natur zur Erreichung des offensichtlichen Zieles des Daseins zusammenzuarbeiten.
Wenn wir glauben, daß der Zweck des Lebens bloß darin liegt, unser materielles Ich zufriedenzustellen und es ihm behaglich zu machen, wenn wir glauben, daß materieller Wohlstand das höchste Maß möglichen Glückes verleiht, dann verwechseln wir Hohes mit Niedrigem und halten eine Täuschung für Wahrheit. Unsere materielle Lebensweise ist eine Folge der materiellen Zusammensetzung unserer Körper. Wir sind „Erdenwürmer“, weil wir mit all unseren Wünschen an der Erde haften. Wenn wir uns fähig machen würden, einen Entwicklungspfad zu beschreiten, durch den wir weniger materiell und mehr ätherisch würden, so könnte eine Kultur von wesentlich anderer Art aufgebaut werden. Dinge, welche heute unentbehrlich und notwendig erscheinen, würden aufhören, nützlich zu sein; wenn wir unser Bewußtsein mit Gedankenschnelle von einem Teil der Erdkugel zum anderen verlegen könnten, würden die derzeitigen Nachrichtenmittel nicht mehr erforderlich sein. je tiefer wir in das Materielle versinken, desto mehr materielle Hilfsmittel benötigen wir zu unserer Bequemlichkeit; das Wesentliche, der machtvolle Gott im Menschen jedoch ist nichts Materielles, er ist unabhängig von den Beschränkungen, die dem Stoff auferlegt sind.
Was also sind die wirklichen Notwendigkeiten des Lebens? Die Beantwortung dieser Frage hängt vollkommen davon ab, was wir für notwendig halten. Eisenbahnen, Dampfschiffe u.dgl. sind heute für uns eine Notwenigkeit, und doch haben Millionen von Menschen lange Zeit glücklich gelebt, ohne etwas von dergleichen Dingen zu wissen. Für einen Menschen mögen ein Dutzend Paläste eine unentbehrliche Notwendigkeit sein, für den anderen ist es ein Wagen, für den dritten eine Pfeife und so fort. Aber alle diese Notwendigkeiten sind nur solche, die der Mensch selbst geschaffen hat. Sie machen den Zustand, in dem der Mensch sich jetzt gerade befindet, für ihn angenehm, und verführen ihn dazu, in diesem Zustand zu verweilen und nichts Höheres zu erstreben. Sie können seine Entwicklung sogar hemmen, statt sie zu fördern. Alles Materielle muß aufhören, eine Notwendigkeit für uns zu sein, wenn wir wirklich geistig fortschreiten wollen. Es ist das Begehren nach und die Vergeudung von Gedankenkraft auf die Vermehrung der Freuden des niederen Lebens, was den Menschen daran hindert, in das höhere Leben einzutreten.

(HELENA PETROWNA BLAVATSKY)

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